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erster runder Tisch zu LSBT*I in der Staatskanzlei

Staatssekretär Zimmermann spricht ein Grußwort zum Empfang des CSD Thüringen 2011Bereits zum CSD Thüringen 2011 spracht Regierungssprecher Zimmermann ein Grußwort.

Als Antwort auf einen offenen Brief an Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht zur Fortführung der Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen, lud Staatssekretär und Regierungssprecher Peter Zimmermann am heutigen Montag zu einem runden Tisch in die Thüringer Staatskanzlei ein. „Die Landesregierung ist sehr an einem gemeinsamen Dialog und Austausch interessiert", begrüßte Zimmermann die Vertreter_innen der sechzehn unterzeichnenden Organisationen des offenen Briefes auch mit ausdrücklichem Gruß durch die Regierungschefin.

Im Gespräch stellten die Vereine eine Reihe von Handlungsfeldern vor, in denen eine Gleichstellung insbesondere seitens der Gesetzgebung dringen notwendig sei. Conrad Gliem vom LSVD Thüringen e.V. verwies hierbei insbesondere auf die Beamtenversorgung, die in Thüringen nicht rückwirkend zum Datum der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes gleichgestellt wurde: „Bereits 2009 wiesen wir auf diesen Verfassungsbruch hin, der durch das höchstrichterliche Urteil des Bundesverfassungsgericht kürzlich nochmal untermauert wurde." Aber auch die Gleichstellung in weiteren Thüringer Landesgesetzen sei längst überfällig.

Der Staatssekretär im Thüringer Sozialministerium, Dr. Schubert, kündigte die Einrichtung einer Thüringer Antidiskriminierungsstelle voraussichtlich noch in diesem Jahr an. „Dies ist ein wichtiger Schritt, auch um die vielen ehrenamtlich im Freistaat tätigen Akteuer_innen zu unterstützen", erklärte Matthias Gothe vom Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Jena & Umgebung e.V. Gemeinsam mit anderen Vereinen hatte Gothe bereits im Gleichstellungsausschuss des Thüringer Landtages für die Einführung einer solchen Stelle geworben, nachdem das Sozialministerium noch zu Jahresmitte keine Notwendigkeit für eine solche Stelle sah.

Als weiteren wichtigen Punkt hoben Simon Steinecke (Studierendenprojekt QueErfurt) und Marcel Helwig (AG Diversity der GEW Thüringen) den Bildungsbereich hervor. „Wichtig ist die Herausstellung der Gleichwertigkeit", so Steinecke. Über produktive Gespräche im Thüringer Bildungsministerium berichtete Helwig „gemeinsam mit dem Ministerium, dem Schulaufklärungsprojekt miteinanders und einem Bildungsforscher der Universität Jena haben wir begonnen, die Themenbereiche Lehrpläne, Lehrmedien und Lehrendenbildung zu bearbeiten. Das Ministerium hat hier eine intensive Zusammenarbeit begonnen."

Auf einen Punkt des offenen Briefes ging Regierungssprecher Zimmermann besonders ein: Zu der vorgeschlagenen Würdigung des im letzten Jahr verstorbenen, letzten bekannten Rosa-Winkel-Häftling Rudolf Brazda, organisiere die Landesregierung bereits eine offizielle Gedenkveranstaltung: Im Deutschen Nationaltheater Weimar, einen weit über Deutschland hinaus bekannten Ort, solle Brazda am 23. Juni 2013 stellvertretend für viele Menschen gewürdigt werden, die auch im einst so bunten Thüringen wegen ihres Andersseins verfolgt und inhaftiert worden sind. „Ministerpräsidentin Lieberknecht wird hierzu anwesend sein, auch Vertreter aus der Bundespolitik haben bereits ihre Teilnahme angekündigt", so Zimmermann, der für die Vorbereitung auch die Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld eingeladen hat.

Wie wichtig eine bedarfsgerechte, sensible Finanzierung von Aufklärungsprojekten sei, hob Madlen Nagel vom AIDS-Hilfe Weimar & Ostthüringen e.V. hervor: „Leider gibt es in Thüringen keine Finanzierung für Aufklärungsarbeit gerade bei unseren wichtigsten Adressaten: Männern, die Sex mit Männern haben (MSM). Hier müssen wir ehrenamtliche Arbeit leisten". Auch Gothe unterstrich die Notwendigkeit einer sicheren institutionellen Absicherung, gerade durch finanzielle Mittel: „Zwar gibt es mit dem Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ein tolles Instrument für Projektfinanzierungen. Aber für eine gute Arbeit ist gerade eine sichere Langzeit-Finanzierung wichtig." Gothe regte hier an, Mittel, wie die, die für die Gedenkveranstaltung für Rudolf Brazda zur Verfügung stünden, auch in die queere Vereinsstruktur zu leiten. „Hier steht beispielsweise das erst kürzlich gegründete 'queere Netzwerk Thüringen' zur Verfügung, in dem sich derzeit zahlreiche Vereine zusammenschließen."

Zum Abschluss versprach Staatssekretär Zimmermann eine Fortsetzung des runden Tisches voraussichtlich für März 2013. Schwerpunkt-Thema solle dann der Bildungsbereich sein. Bis dahin sollten zu den anderen genannten Themen gemeinsame Arbeitsgruppen gebildet werden, die in der Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und den Vereinen entsprechende Detailzuarbeiten leisten sollen.

 


 

Rückblick: Artikel vom 12.09.2012

Mit einem offenen Brief hatten sich mehrere Thüringer Organisationen und Vereine Ende August an Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht gewendet, um für mehr Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen zu werben.

Am Rande eines Landtagstermins ergab sich für Madlen Nagel (AIDS-Hilfe Weimar & Ostthüringen e.V.) und Matthias Gothe (Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Jena & Umgebung e.V.) am heutigen Mittwoch die Möglichkeit, mit Regierungssprecher Peter Zimmermann hierzu ins Gespräch zu kommen. Zimmermann berichtete von einer wohlwollenden Prüfung durch die Staatskanzlei und stellte ein baldiges Gespräch mit allen Vereinen und Organisationen in Aussicht, die den offenen Brief unterschrieben hatten. „Ich bin sehr interessiert, mehr über die Situation von gleichgeschlechtlich lebenden Menschen in Thüringen zu erfahren. Besonders die Probleme und Wünsche der Organisationen sind mir hier wichtig", so Zimmermann.

Beim Vorschlag, einer durch die Landesregierung ausgerichteten Feierstunde, stießen Nagel und Gothe ebenfalls auf eine offene Haltung. Regierungssprecher Zimmermann berichtete, dass bereits erste Ideen für eine Umsetzung erörtert  würden. Hingegen sei er skeptisch, ob die teilweise durch EU und Bund vorgegebenen Protokollregularien, ein Hissen der Regenbogenfahne vor der Staatskanzlei erlauben. Hier sei man derzeit noch am Suchen einer geeigneten Alternativlösung.

In der Frage der Fortschreibung eines Gleichstellungsprozesses im Thüringer Landesrecht verwies Zimmermann auf die Verantwortung von Sozialministerin Taubert und Justizminister Dr. Poppenhäger, da die Ministerpräsidentin diesbezüglich keine Weisungsbefugnis habe.


Rückblick: Artikel vom 24.08.2012

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Mit einem offenen Brief wenden sich 15 Organisationen aus Thüringen, die sich für die Belange nicht-heterosexueller Menschen einsetzen, an Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht, um für eine Gleichstellung in Thüringen sowie für ein Engagement im Bund zu plädieren und beziehen sich dabei auf den in der Landesverfassung festgeschriebenen Diskriminierungsschutz.

"Damit möchten wir auf die leider noch immer bestehenden Benachteiligungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen hinweisen", erklärt Matthias Gothe vom "Vielfalt Leben QueerWeg – Verein für Jena & Umgebung e.V.", der den Brief am heutigen Freitag in der Staatskanzlei ablieferte. "Gerade die aktuelle öffentliche Diskussion zum Ehegattensplitting sowie zum Adoptionsrecht machen einen Teil des Handlungsbedarfes deutlich."

Gerade von Thüringen wünschen sich die unterzeichnenden Organisationen ein stärkeres Engagement, da hier – als eines von nur vier Bundesländern – die Landesverfassung auch ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung festschreibt.

"Aber uns treibt auch eine moralische Pflicht an", so Gothe weiter. Er verweist auf die besondere historische Verantwortung, wie sie z.B. in der Gedenkstätte Buchenwald dokumentiert wird. Dort wurden, wie auch in anderen Konzentrationslagern, homosexuelle Männer als so genannte Rosa-Winkel-Häftlinge besonders gefährlichen Aufgaben und menschenverachtenden medizinischen Experimenten zugewiesen.

Anlässlich des hundertsten Geburtstages von Rudolf Brazda, dem aus Thüringen stammenden letzten bekannten Rosa-Winkel-Häftling Rudolf Brazda, schlagen die Organisationen ein öffentliche Veranstaltung in der Staatskanzlei vor, in der auch Aktivist_innen in der Gleichstellungsarbeit gewürdigt werden könnte. Der im letzten Jahr verstorbene Brazda wurde im April 2011 vom französischen Staatspräsidenten Sarkozy zum Ritter der Ehrenlegion ernannt – in Deutschland steht eine offizielle Würdigung bis heute aus.

 

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